BiografienErich Kunze

Erich Kunze(6. Juli 1898, Hannover)

Erich Kunze schloss 1916 seine Ausbildung zum Tischler ab. Nachdem er ein halbes Jahr in seinem Beruf tätig war, wurde er zum Heeresdienst eingezogen. Im Januar 1919 aus dem Heer entlassen arbeitete er bei verschiedenen Firmen wieder in seinem Beruf. Von einzelnen Unterbrechungen abgesehen war er dann von 1929 bis 1934 arbeitslos, bevor er wieder bei unterschiedlichen Arbeitgebern tätig werden konnte.

Seit 1920 war er Mitglied der SPD, seit 1925 in der Funktion eines Bezirkskassierers. Im gleichen Jahr schloss er sich dem Reichsbanner an und wurde Mitglied der Schufo. Gewerkschaftlich organisierte er sich seit 1916 im DHV.

Vermutlich Ende 1934 trafen sich Erich Kunze und Franz Nause, die sich von der Schufo her kannten, und besprachen politische Tagesfragen. Alsbald kam seitens Nause das Gespräch auf die Sozialistische Front. Nach eingehender Rücksprache, so Erich Kunzes Aussage, sagte er Franz Nause seine Mitarbeit zu. Fortan erhielt er bei jedem Erscheinen vier bis fünf Exemplare der Sozialistischen Blätter, die er an Friedrich Meybohm-Emden, den er selbst geworben hatte, weitergab, und dem er nahe legte, sie im Bekanntenkreis umzusetzen. Im Laufe der Zeit erhöhte sich die Zahl der Sozialistischen Blätter auf zwölf Exemplare. Etwa im Oktober 1935 fand Erich Kunze in Adolf Frede einen weiteren Unterverteiler, dem er regelmäßig drei Exemplare überbrachte. Beide Unterverteiler erhielten ihre Lieferungen bis August 1936.

Als Leiter der Abteilung III erhielt er die Funktionärsschriften. Ernst Kunze beteiligte sich an Geldsammlungen für die Ehefrauen inhaftierter Schufo-Leute, darunter für die Frau Bernhard Furchs.

Am 18. September 1936, gegen 20.30 Uhr, wurde Erich Kunze auf der Straße verhaftet und staatspolizeilich verhört. Am 28. Oktober 1936 wurde er in die U-Haft ins Gerichtsgefängnis Hannover überstellt und mehr als ein Jahr später, am 10. November 1937, vom Oberlandesgericht Hamm zu drei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus sowie Ehrverlust verurteilt. Er verbüßte die Zeit im Zuchthaus Hameln.
Erich Kunze

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • DHV

    DHV

    Der Deutsche Holzarbeiterverband (DHV) war 1893 in Kassel als  Gewerkschaft   für die holzbverarbeitenden Berufe gegründet worden. Dazu gehörten u. a. das Drechslergewerbe, Bautischler und das Tischlergewerbe, Bildhauer, Kamm-, Horn- und Haarschmuckarbeiter, Kistenmacher, Knopfarbeiter, Korbmacher, Korkarbeiter, Musikinstrumentenbauer, Parkettleger und Stellmacher.

     

     

  • Reichsbanner

    Reichsbanner

    Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner, kurz Reichsbanner, war ein überparteiliches, in der Praxis von Sozialdemokraten dominiertes Bündnis in der Zeit der Weimarer Republik.

    Das Reichsbanner war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das Reichsbanner in der Verteidigung der Weimarer Republik gegen Feinde aus den nationalsozialistischen, monarchistischen und kommunistischen Lagern. Dabei verstand sich das Reichsbanner als Hüter des Erbes der demokratischen Tradition der Revolution von 1848 und der verfassungsmäßigen Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold.

  • Schufo

    Schufo

    Nachdem die NSDAP bei der Reichstagswahl 1930 erhebliche Wahlerfolge verbuchen konnte, versuchte das Reichsbanner im September dem verstärkten Straßenterror der SA-Einheiten durch eine Umstrukturierung der technischen Ebene entgegenzutreten. Die aktiven Mitglieder wurden in Stammformationen (Stafo) und die paramilitärischen Eliteeinheiten Schutzformationen (Schufo) aufgeteilt. Daneben gab es weiterhin die Einheiten des Jungbanners.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).