BiografienBrunhilde Schmedes

Brunhilde Schmedes(6. März 1912, Hannover)

Brunhilde Schmedes absolvierte seit 1927 eine kaufmännische Lehre und die Handelsschule in Hannover und war anschließend als Buchhalterin tätig. Im Februar 1932 begann sie bei der Schriftleitung der sozialdemokratischen Zeitung „Volkswille“ zu arbeiten, zunächst in der Expedition, später als Redaktionssekretärin. Diese Tätigkeit endete mit der Besetzung des Gewerkschaftshauses am 1. April 1933. Von Januar 1934 an bis zu ihrer Festnahme im August 1936 war sie wieder als kaufmännische Angestellte tätig.

Seit 1927 war sie im Zentralverband der Angestellten organisiert. Der SPD gehörte sie während ihrer Tätigkeit beim „Volkswillen“ an.

In der Schriftleitung des "Volkswillen" lernte Brunhilde Schmedes Werner Blumenberg, Walter Spengemann, Willy Wendt und Albert Preuß kennen, der zu dieser Zeit das Jungbanner führte, und dem sie ebenfalls angehörte.

Mitte 1933 floh Albert Preuß ins Saargebiet. Brunhilde Schmedes folgte ihm im Oktober 1933, kehrte jedoch im Januar 1934 nach Hannover zurück, weil sie als Reichsdeutsche keine Arbeitsgenehmigung erhielt. Sie übergab Walter Spengemann von Albert Preuß gesammelte Zeitungsausschnitte aus marxistischen und Emigrantenzeitungen, die sich mit der Situation in Deutschland beschäftigten. Außerdem berichtete sie über die Stimmung im Saargebiet.

Bei einem Besuch bei Spengemann im Februar oder März 1934 bat er sie, Schreibarbeiten für ihn zu erledigen. Kurze Zeit später erhielt sie Besuch von Willy Wendt, der ihr Manuskripte mit philosophischen Abhandlungen brachte, deren Handschrift sie als die Werner Blumenbergs erkannte. Bald schrieb sie regelmäßig Blumenbergs Texte auf Wachsplatten. Die Wachsmatrizen kaufte sie selbst, ebenso Farbe, Packpapier und Bindfaden.

Zwischen Februar oder März 1934 bis Juli 1936 schrieb Brunhilde Schmedes die Wachsmatrizen für sämtliche erschienenen Sozialistischen Blätter, und sicher auch für die Funktionärsschriften. Werner Blumenberg vertraute ihr an, dass sie bald nicht mehr schreiben müsse, weil er die Flugschriften der Sozialistischen Front drucken lassen wolle, wozu er Geld aus dem Ausland erwarte.

Brunhilde Schmedes schrieb auch für Walter Spengemann Berichte und Übersetzungen für die Sozialistischen Blätter.

Nach einem Umzug ihrer Eltern in eine größere Wohnung im Mai 1935 mietete Franz Nause unter falschem Namen ein Zimmer in dieser großen Wohnung. Hier wurden seit Mai 1935 die Sozialistischen Blätter abgezogen. Brunhilde Schmedes half nun Franz Nause und Auguste Breitzke beim Herstellen und Verpacken der mehrseitigen Flugschriften und besorgte Packpapier und Farbe. Nach der Verhaftung Franz Nauses am 30. Juni 1936 fertigten Brunhilde Schmedes und Auguste Breitzke im Auftrag Blumenbergs und nach seinen Entwürfen die letzten beiden Ausgaben mit etwa je 320 Exemplaren allein an. Nach Blumenbergs Flucht in der Nacht vom 16. zum 17. August 1936 erhielt sie die Nachricht, sie solle mit Auguste Breitzke weiter die Sozialistischen Blätter anfertigen und das Zimmer zur Verfügung halten. Als jedoch auch in der Wohnung der Familie Schmedes eine Haussuchung stattfand, wurde es ihr zu gefährlich. Am 20. August 1936 zerschlugen Brunhilde Schmedes und Auguste Breitzke den Abzugsapparat und die Abzugswalze und warfen alles ins Flüßchen Leine. Zu einem von Heinz Wille anberaumten Treffen gingen sie vorsichtshalber nicht mehr.

Acht Tage später wurde Brunhilde Schmedes von der Gestapo verhaftet und am 28. Oktober 1936 ins Gerichtsgefängnis Hannover überstellt. Am 23. September 1937 verurteilte sie der Volksgerichtshof in Berlin als eine der Hauptbeteiligten unter Anerkennung von zwölf Monaten U-Haft zu vier Jahren Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Sie verbüßte das verbleibende Strafmaß zunächst im Zuchthaus Lübeck-Lauerhof, später im Zuchthaus Jauer in Schlesien.
Brunhilde Schmedes, um 1985
Brunhilde Schmedes, um 1985
© Freizeitheim Linden
Ausgerissenes Zettelchen, mit Bleistift geschrieben Packpapier, Bindfaden, Farbr Nr. 800 in Blechkannen, Wachsbogen, 21 Mark

Einkaufszettel, gefunden bei der Durchsuchung Brunhilde Schmedes'

© Bundesarchiv
Einkaufszettel, gefunden bei der Durchsuchung Brunhilde Schmedes'
© Bundesarchiv

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • Jungbanner

    Jungbanner

    Das Jungbanner war die Jugendorganisation der überparteilichen Republikschutzorganisation Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und bestand von 1926 bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten im Sommer 1933.

    Das Jungbanner hatte es sich zum Ziel gesetzt, männliche Jugendliche im Sinne der Weimarer Verfassung zu überzeugten Republikanern und mündigen Bürgern zu erziehen. Neben der Bildungsarbeit stand die Körperschulung durch gemeinsame sportliche Aktivitäten im Mittelpunkt. So gab es sowohl wöchentliche Sportabende und regelmäßige Sportfeste als auch Vorträge und Schulungswochenenden zur Bildung eines politischen Bewusstseins. Dem überparteilichen Charakter entsprechend herrschte in der Organisation ein vergleichsweise tolerantes, undogmatisches Klima.

    Das Jungbanner bildeten die Reichsbanner-Mitglieder von der Entlassung aus der Volksschule mit 14 Jahren bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs. Ähnlich wie im Reichsbanner auch dominierten das Jungbanner Mitglieder, die aus dem sozialdemokratischen Milieu stammten. 1928 soll das Jungbanner knapp 700.000 Mitglieder gezählt haben.

    Das Jungbanner gehörte zum aktivsten Teil des Reichsbanners, der stärker zu militanten Aktionen neigte und es dabei auch mit der aggressiven SA aufnahm. An der Basis rückte die parteipolitische Neutralität dabei zunehmend in den Hintergrund. Die Kameradschaften suchten das enge Bündnis mit der Sozialdemokratie. Ab etwa 1931 betrachtete sich das Jungbanner gemeinsam mit SAJ, Arbeitersportjugend, Jungsozialisten, Naturfreundebewegung und der Gewerkschaftsjugend als Teil der sozialistischen Jugendverbände.

    Ein Höhepunkt der Jungbanner-Arbeit war der erste Bundesjugendtag in der Reichsbanner-Hochburg Magdeburg Pfingsten 1930.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • "Volkswille"

    "Volkswille"

    Der "Volkswille" war eine sozialdemokratische Tageszeitung, die erstmals unmittelbar nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes am 1. Oktober 1890 erschien. Sie war das Sprachrohr einer SPD-Führung, die einen gemäßigten und legalistischen Kurs verfolgte. Der jeweilige örtliche Parteivorstand führte die Aufsicht.

    Alle SPD-Mitglieder waren zum Abonnement des „Volkswille“ verpflichtet.

    1930 arbeiteten in den drei Abteilungen des „Volkswille“ – Buchhandlung, Druckerei und Zeitung – 153 Arbeiter und Angestellte. Deren Emblem, drei Pfeile, wurde nach der Gründung der Eisernen Front  1932 in den Titel aufgenommen. Zu dieser Zeit lag die Auflage bei etwa 60.000 Exemplaren. Ein bekannter Redakteur aus dieser Zeit war Arno Scholz.

    Nach der Besetzung des Gewerkschaftshauses am 1. April 1933 musste der Maschinenpark der nationalsozialistischen "Niedersächsischen Tageszeitung" (NTZ) überlassen werden.

    Nachfolgerin des "Volkswille" wurde ab dem 18. Juli 1946 die "Hannoversche Presse".

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).