BiografienLudwig Schneider

Ludwig Schneider(29. September 1914, Hannover)

Ludwig Schneider begann nach Abschluss der Volksschule in Hannover 1928 eine Lehre als Kunst- und Bauschlosser, die er jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht beenden konnte. In den Folgejahren war er für mehrere Firmen als Bote tätig.

Im Jahre 1931 schloss er sich dem Arbeitsdienst des „Stahlhelm“ an, wurde jedoch nach kurzer Zeit wegen eines Herzfehlers wieder entlassen. Bis 1933 war er teils als Bote, teils als Arbeiter bei verschiedenen Firmen beschäftigt. Von Ende 1933 bis Mitte 1934 erwerbslos, ging er freiwillig zum Reichsarbeitsdienst und blieb hier bis April 1935. Anschließend erhielt er eine Stelle als Postbetriebsarbeiter bei der Reichspost, die er im Juli 1936 wegen eines Magenleidens wieder aufgeben musste. Aus gleichem Grund beendete er eine Beschäftigung als Arbeiter in einem Draht- und Kabelwerk.

Nach eigener Aussage war er weder politisch noch gewerkschaftlich organisiert.

Ludwig Schneider half seit Mitte 1935 seinem fünf Jahre älteren und ebenfalls bei der Deutschen Reichspost beschäftigten Bruder Peter beim Versenden der Sozialistischen Blätter in andere deutsche Städte und über die Reichsgrenzen hinaus. Er schrieb hin und wieder Adressen und legte monatlich einmal Päckchen mit mindestens 30 Sozialistischen Blättern sowie einzelne Drucksachen mit zehn Exemplaren an bis zu 35 Anschriften unkontrolliert in versandfertige Postsäcke oder übergab sie direkt dem Abfertigungsbeamten. Seiner Aussage nach gingen diese Sendungen nach Holland, England, Frankreich, in die Schweiz und CSR, nach Polen, Österreich, Ungarn, Dänemark und Schweden sowie in mehr als fünfzig deutsche Städte.

Anfang 1936 stellte Ludwig Schneider im Postamt Nachforschungen darüber an, ob Postkontrolle gegen verschiedene Funktionäre, darunter Walter Spengemann und seinen Bruder Peter Schneider, verhängt sei, was nicht der Fall war. Nach der Flucht seines Bruders Peter im Frühjahr 1936 stellte er, seinen Worten zufolge, die Tätigkeit für die Sozialistische Front ein.

Ludwig Schneider wurde am 14. September 1936 verhaftet und ins Gestapogefängnis Schlägerstraße gebracht. Da er als einer der leitenden Köpfe angesehen wurde, verhandelte über ihn der 1. Senat des Volksgerichtshofes in Berlin. Am 23. September 1937 wurde er unter Anerkennung von zwölf Monaten Untersuchungshaft zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus und Ehrverlust verurteilt. Er verbüßte seine Strafe im Zuchthaus Hameln.
Ludwig Schneider

Überführungsmitteilung für Ludwig Schneider vom Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit ins Zuchthaus Hameln, 18.10.1937

© Bundesarchiv
Überführungsmitteilung für Ludwig Schneider vom Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit ins Zuchthaus Hameln, 18.10.1937
© Bundesarchiv

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).