BiografienHeinz Wille

Heinz Wille(22. September 1906, Hannover)

Heinz Wille besuchte die Städtischen Handelsschule und absolvierte an der Drogistenfachschule eine Drogerielehre. Nach einjähriger Gehilfentätigkeit in seiner Lehrfirma war er von April bis Oktober 1925 arbeitslos. Bis Ende März 1926 bekleidete er eine Aushilfsstelle als Drogist in einer Tierarzneimittelfabrik. Von April 1926 bis Dezember 1927 wieder erwerbslos, wurde er im Dezember 1927 Verkäufer in einer Drogerie, 1928 in einer Likörfabrik, bis er im Juli 1929 eine Aushilfsstelle als Kontorist beim Konsumverein Hannover übernahm, der ihn 1932 wieder entließ. Mit einer kurzen Unterbrechung von zwei Wochen war er bis zu seiner Festnahme am 18. August 1936 arbeitslos.

Während seiner Tätigkeit im Konsumverein trat er 1929 der SPD und dem Zentralverband der Angestellten bei. Des weiteren war er Mitglied des Vereins der Naturfreunde.

Nach dem Verbot der Parteien im Sommer 1933 versteckte er seine marxistischen Bücher bei seinem Vetter August Schwarze. Hier wurden sie im September 1933 beschlagnahmt, Heinz Wille in Schutzhaft genommen und nach vier Tagen wieder entlassen, da ihm eine strafbare Handlung nicht nachzuweisen war.

Anschließend besuchte er zur beruflichen Umorientierung eine Abendschule der DAF, um Englisch, Stenografie und Schreibmaschineschreiben zu lernen. Bei einem Sprachlehrer nahm er zusätzlich Französischunterricht. Er beabsichtigte, die Handelskammerprüfung als Korrespondent abzulegen.

Von Rudolf Prochnow im Frühjahr 1934 zunächst selbst als Bezieher der Sozialistischen Blätter geworben, wurde er ab Ende 1935 Unterverteiler für Erich Ziegler, dem er Englischunterricht gab. Im März 1936 lernte er über Frieda Vahrenhorst Werner Blumenberg kennen. Da sich Heinz Wille die Blumenbergschen Ideen bald völlig zu eigen gemacht hatte, wurde er schnell zu seinem Vertrauten und nahm an den unregelmäßigen Treffen mit Karl Böttcher teil. Nach dem Ausscheiden Walter Spengemanns im März 1936 übersetzte er für Blumenberg Artikel aus englischen und französischen Zeitungen, die Frieda Vahrenhorst ihm brachte.

Da er mehrere Sprachen beherrschte, offenbar über politische Fähigkeiten verfügte und zudem der Polizei nicht bekannt war, hatte ihn Blumenberg im Falle seiner Festnahme angeblich als Nachfolger vorgesehen.

Von der Festnahme Franz Nauses im Juli 1936 erfuhr Werner Blumenberg durch Heinz Wille ebenso wie vom Besuch Karl Ballers auf Initiative Spengemanns als vermeintlicher Kriminalbeamter bei Frieda Vahrenhorst, der eine Schriftprobe nahm und ankündigte, sie solle das Haus nicht verlassen. Heinz Wille besprach diesen Vorgang mit Karl Böttcher und äußerte seinen Unwillen über die Mitarbeit so junger Mädchen wie Frieda Vahrenhorst und Anna Kanngießer. Seinen Standpunkt teilte er bei einem Treffen am 15. August 1936 auch Werner Blumenberg mit, der seine Bedenken jedoch zerstreute. Da Blumenberg festgestellt hatte, dass er selbst beobachtet wurde, sollte Heinz Wille am kommenden Tag den aus Berlin avisierten "Genossen Alexander" überwachen, der Blumenberg verdächtig schien. Dieser Verdacht sollte sich bestätigen, Werner Blumenberg und Frieda Vahrenhorst flüchteten nach Holland.

Heinz Wille wurde beauftragt, einzelne Funktionäre von der Flucht Blumenbergs zu informieren und Brunhilde Schmedes zu veranlassen, weiterhin die Sozialistischen Blätter herzustellen. Er verabredete mit ihr und Auguste Breitzke ein Treffen am 20. August 1936. Da am 18. August eine Haussuchung bei Familie Schmedes stattgefunden hatte, beschlossen die beiden Frauen, nicht zum vereinbarten Treffen zu gehen, da Heinz Wille unter Polizeibeobachtung stehen könnte, sondern den Abzugsapparat zu zerstören.

Am 18. August 1936 wurde Heinz Wille in Schutzhaft genommen und ins Gestapo-Gefängnis Schlägerstrasse gebracht. Als einer der Hauptbeschuldigten angesehen wurde er vor dem Volksgerichtshof in Berlin angeklagt, der ihn am 23. September 1937 unter Anrechnung von dreizehn Monaten Untersuchungshaft zu fünf Jahren Zuchthaus und Ehrverlust verurteilte. Heinz Wille verbüßte seine Strafe im Zuchthaus Hameln. Nach Ablauf der Zeit 1941 wurde jedoch nicht in die Freiheit entlassen, sondern ins Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Er blieb in Schutzhaft, bis er am 3. Mai auf einem "Evakuierungsmarsch" (Todesmarsch) befreit wurde.
Heinz Wille, um 1937
Heinz Wille, um 1937
© Niedersächsisches Landesarchiv

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • DAF

    DAF

    Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) war in der Zeit des Nationalsozialismus der Einheitsverband der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sie wird auch als nationalsozialistische Einheitsgewerkschaft bezeichnet.
    Die DAF wurde am 10. Mai 1933 durch die gesetzliche Auflösung der freien Gewerkschaften, der Beschlagnahme ihres Vermögens, unter Abschaffung des Streikrechts und der Zwangsintegration sämtlicher Angestellten- und Arbeiterverbände gegründet. Mit dem „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ vom 20. Januar 1934 wurde die Gründung legitimiert und im Oktober 1934 die DAF offiziell der NSDAP angeschlossen. Sie war nach dem Führerprinzip gegliedert, ihr Leiter war der Reichsorganisationsleiter der NSDAP Robert Ley. Die DAF hatte rund 22 Millionen Mitglieder.
    Die DAF sollte die deutschen Arbeiter in das Dritte Reich integrieren und damit ihren bisherigen Organisationen den Boden entziehen. Bis auf eine Anzahl junger arbeitsloser Arbeiter, von denen die meisten der SA beitraten, war die organisierte deutsche Arbeiterschaft gegen die politische Ideologie des Nationalsozialismus immun geblieben. 

    Nach der Reichstagswahl im März 1933 wurden in mehr als 160 Städten die Gewerkschaftsgebäude besetzt. Mit einer durch Robert Ley geführten Aktion wurden am 2. Mai 1933 die Gewerkschaftsführer in ganz Deutschland festgenommen.

  • Naturfreunde

    Naturfreunde

    Die Naturfreunde wurden im September 1895 von dem sozialistischen Lehrer Georg Schmiedl in Wien ins Leben gerufen. Ihre Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung des späten 19. Jahrhunderts, seit seiner Gründung setzte er sich für gerechte Arbeits- und Lebensbedingungen und gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur ein. Von Österreich aus wurde 1905 die "Naturfreunde-Internationale" gegründet. 1933 waren rund 200.000 Mitglieder in 22 Ländern bei den "Naturfreunden" organisiert. Während des Nationalsozialismus ist die Organisation in Deutschland verboten, die Mitglieder wurden verfolgt, die Naturfreundehäuser beschlagnahmt.

    Die "Naturfreunde" sind heutzutage eine der Gründungsorganisationen der Ostermarschbewegung.

    Bekannteste Mitglieder sind u.a.: der ehemalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt, der Neurologe und Psychiater Viktor Frankl, der Politiker Paul Löbe, der Oberbürgermeister West-Berlins Ernst Reuter, der deutsche Politiker Franz Müntefering.