8. Sopade und Sozialistische Front
Der Parteivorstand der 1933 nach Prag emigrierten SPD und die Grenzsekretäre hatten bis Mitte 1934 keine Kenntnis von der Existenz der Sozialistischen Front in Hannover. Werner Blumenberg, der nicht nur die meisten Beiträge für die Sozialistischen Blätter selbst schrieb, sondern die Sozialistische Front auch nach außen vertrat, traf Ende November 1934 erstmals mit Vertretern des Exilvorstandes der SPD, der Sopade, zusammen. Als einer der 30 Vertreter sozialdemokratischer Widerstandsgruppen aus Deutschland nahm er an deren "Antwerpener Konferenz" Anfang Dezember 1934 teil. Sein Hauptziel schien dabei gewesen zu sein, finanzielle Unterstützung zu erhalten, die ihm auch in Aussicht gestellt wurde. Vermutlich hielt er auf dieser Konferenz jegliche kritische Äußerung an der Sopade zurück.
Anders dagegen verlief am 23. März 1935 in Mannheim die "Westfronttagung", eine illegale Besprechung mit Vertretern sozialdemokratischer Widerstandsgruppen aus aus Düsseldorf, Emden, Frankfurt, Hannover und Mannheim. Zunächst lehnte Blumenberg den Inhalt und deshalb auch die Verteilung der "Sozialistischen Aktion", die illegale Zeitung der Sopade, für seine Organisation kategorisch ab. Anschließend machte er deutlich, dass er die geplante Eingliederung der Sozialistischen Front in die Organisation der Sopade ablehnte, da sie sich nicht in den Rahmen der von Prag aus betreuten Organisation einfügen ließe.
Er ging noch weiter: Er forderte eine Zusammenfassung der Widerstandsgruppen unter dem Namen "Sozialistische Front", deren Leitung in den Händen der Genossen in Deutschland selbst und nicht in Prag liegen sollte. Letztere könnten wegen des Abstands zu Deutschland nicht schnell genug reagieren, so die Begründung.
Gespeist wurde diese Haltung noch immer von der Enttäuschung über das Versagen des Parteivorstandes in der Phase der Machtübergabe an Hitler 1933 und der Hoffnung, dass aus dem Widerstand heraus eine neue Arbeiterbewegung und -partei entstehen würde, der die Herrschaft der Arbeiterklasse folgen werde.
Dieser Vorschlag des "Querulanten" Blumenberg, der mit Prag nichts zu tun haben wollte und der "zersetzende Ideen" einbrachte, wurde abgelehnt. Hinter den Kulissen war man sich einig, dass die Sozialistische Front für eine weitere Zusammenarbeit ihren Standpunkt revidieren müsse und eine Diskussion über den Parteinamen unnötig sei. Eine noch gut funktionierende Organisation, so der Tenor, sollte nicht ignoriert werden.
Trotz allem bestanden weiterhin Kontakte zwischen der Sozialistischen Front und dem emigrierten SPD-Parteivorstand. Das Netz zwischen den Widerstandsorganisationen konnte jedoch nicht mehr fester geknüpft werden. Im Laufe des Jahres 1935 waren die Zentren sozialdemokratischen Widerstands in Deutschland immer häufiger von umfangreichen Verhaftungsaktionen betroffen.