Die Sozialistische Front
Der Name Sozialistische Front wurde etwa Mitte 1934 geprägt, um den Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine neue Einigungsbewegung, in der sich diejenigen Kräfte sammelten, die die Führung sowohl im Kampf gegen das nationalsozialistische Regime übernehmen, als auch den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft gewährleisten würden. Initiator war Werner Blumenberg, Redakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung "Volkswille".
Der Organisation, die auf spektakuläre öffentliche Aktionen verzichtete, gehörten in den hannoverschen Arbeiterwohngebieten mehrere hundert Menschen an. Die Schwerpunkte der Wirksamkeit lagen in den hannoverschen Arbeitervororten Linden und Ricklingen, darüber hinaus erfolgte die Verteilung der Sozialistischen Blätter auch in Cuxhaven, Nienburg an der Weser, Bad Oeynhausen und Rehme. Kontakte bestanden nach Magdeburg und Hamburg. Unterstützt von vielen Helfern erhielt zwischen April 1934 und August 1936 regelmäßig ein mehrere hundert Personen umfassender Leserkreis mindestens 40 Ausgaben dieser mehrseitigen Flugschriften.
Der Gestapo gelang es erst relativ spät und unter Schwierigkeiten, die Sozialistische Front zu enttarnen. Obwohl es mehrfach zu Verhaftungen gekommen war, kamen die Untersuchungen wegen der standhaften Verschwiegenheit der Verhafteten nicht weiter. Erst im Sommer 1936 gelang es über auswärtige Empfänger der Sozialistischen Blätter, einen Polizeispitzel aus Berlin einzuschleusen.
Daraufhin flog ab August 1936 fast das gesamte Leser- und Verteilernetz auf. Mindestens 420 Verdächtige wurden verhaftet und verhört. Die Gestapo ermittelte nicht nur gegen die Hersteller und Verteiler der Sozialistischen Blätter, sondern auch gegen den Leserkreis.
Zählt man die verstreuten Einzelangaben zusammen, umfasste diese Organisation zwischen 650 und 780 Personen. Der Kreis derjenigen, die die Monatsschrift Sozialistische Blätter gelesen haben, mag weitaus größer gewesen sein.