BiografienWerner Blumenberg

Werner Blumenberg(21. Dezember 1900, Hülsede)

Als Sohn eines Pastors wuchs Werner Blumenberg im Pfarrhaus der Aegidienkirche in Hannover auf. Während des Ersten Weltkrieges 1917 zum zum landwirtschaftlichen Hilfsdienst verpflichtet, schloß er die Schule 1918 mit dem Notabitur ab und wurde noch kurz vor Kriegsende zur Feldartillerie eingezogen.

Ab Februar 1919 studierte Werner Blumenberg in Marburg Theologie, Religionsgeschichte und orientalische Sprachen und schloß sich dem Studentenkorps Marburg an, das er 1920 wieder verließ, als er an die Universität Göttingen wechselte. Zur gleichen Zeit trat er in die SPD ein und begann, sich mit Philosophie und sozialistischen Schriften zu beschäftigen.

Als dem Vater die finanzielle Unterstützung des Sohnes nicht mehr möglich war, brach Werner Blumenberg das Studium ab und kehrte nach Hannover zurück. Ab September 1922 begann er im Kalibergwerk Ronnenberg als Fördermann zu arbeiten, nach einem Arbeitsunfall als Nachtwächter. Nebenbei schrieb er Artikel für die in Hannover erscheinende sozialdemokratische Zeitung "Volkswille". Ab 1925 war er Redakteur beim Göttinger "Volksblatt", ab 1928 arbeitete er in Anstellung als Lokalredakteur beim "Volkswillen" in Hannover.

Er nutzte seine Freizeit, um vor allem als Redner für die SPD unterwegs zu sein. Diese gab ihm 1932 den Auftrag, die örtliche Partei auf die Illegalität vorzubereiten. Blumenberg machte sich mit Methoden und Techniken der politischen Polizei vertraut und studierte die Grundlagen illegaler Arbeit. Als die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 die Regierung übernahmen, lag in Hannover bereits der Grundstein für eine Untergrundorganisation.

Blumenberg brachte Anfang 1933 und in der Zeit der Halblegalität der SPD Flugblätter heraus, in denen er sich mit der abwartenden Haltung der Sozialdemokraten kritisch auseinander setzte. Seiner Meinung nach unterschätzte die Mehrheit der SPD-Mitglieder die Gefahren des Nationalsozialismus. Nach der Besetzung des Gewerkschaftshauses in Hannover am 1. April 1933, in dem auch der "Volkswille" seinen Sitz hatte, musste sich Werner Blumenberg verbergen. In seinen Verstecken, in der Wohnung von Franz Nause und am Steinhuder Meer, verfasste er Stellungnahmen zum politischen Tagesgeschehen und fertigte mit der Schreibmaschine Durchschläge von seinen Aufsätzen an, die von ihm und Franz Nause bei zuverlässigen SPD-Mitgliedern in die Briefkästen gesteckt oder persönlich übergeben wurden.

Unterstützt von Franz Nause und Willy Wendt baute Werner Blumenberg das Netzwerk einer Widerstandsgruppe nach konspirativen Regeln auf. Seit Ende 1933 trug diese Gruppe den Namen Sozialistische Front. Sie verteilte die illegal hergestellte mehrseitige Flugschrift Sozialistischen Blätter, die fast ausschließlich aus den Texten Blumenbergs bestand.

Im Sommer 1936 gelang es der Gestapo über einen eingeschleusten Spitzel, immer mehr Informationen über die Sozialistische Front und ihren Leiter Werner Blumenberg zusammen zu tragen. In der Nacht vom 16. zum 17. August 1936 flohen Frieda Vahrenhorst und Werner Blumenberg nach Holland. Er beauftragte zuvor noch Heinz Wille, verschiedene Funktionäre der Sozialistischen Front davon zu unterrichten und dafür zu sorgen, dass die Sozialistischen Blätter weiter erscheinen. Zu diesem Zwecke verabredete er ein Treffen mit Brunhilde Schmedes und Auguste Breitzke, das jedoch nicht mehr stattfand.
Werner Blumenberg, um 1940
Werner Blumenberg, um 1940
© Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam
Postkarte mit Ägidienkirche, in der Werner Blumenbergs Vater Pfarrer war

Ägidienkirche in Hannover, Aufnahme 1914

© Andreas-Andrew Bornemann, Postkartenarchiv, Hannover
Ägidienkirche in Hannover, Aufnahme 1914
© Andreas-Andrew Bornemann, Postkartenarchiv, Hannover

Glossar

  • "Volkswille"

    "Volkswille"

    Der "Volkswille" war eine sozialdemokratische Tageszeitung, die erstmals unmittelbar nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes am 1. Oktober 1890 erschien. Sie war das Sprachrohr einer SPD-Führung, die einen gemäßigten und legalistischen Kurs verfolgte. Der jeweilige örtliche Parteivorstand führte die Aufsicht.

    Alle SPD-Mitglieder waren zum Abonnement des „Volkswille“ verpflichtet.

    1930 arbeiteten in den drei Abteilungen des „Volkswille“ – Buchhandlung, Druckerei und Zeitung – 153 Arbeiter und Angestellte. Deren Emblem, drei Pfeile, wurde nach der Gründung der Eisernen Front  1932 in den Titel aufgenommen. Zu dieser Zeit lag die Auflage bei etwa 60.000 Exemplaren. Ein bekannter Redakteur aus dieser Zeit war Arno Scholz.

    Nach der Besetzung des Gewerkschaftshauses am 1. April 1933 musste der Maschinenpark der nationalsozialistischen "Niedersächsischen Tageszeitung" (NTZ) überlassen werden.

    Nachfolgerin des "Volkswille" wurde ab dem 18. Juli 1946 die "Hannoversche Presse".