BiografienWilhelm Hahn jun.

Wilhelm Hahn jun.(5. Januar 1904, Ricklingen)

Wilhelm Hahn jun. erlernte bei der Hannoverschen Waggonfabrik (HAWA) in vierjähriger Lehrzeit den Schlosserberuf. 1922 bestand er die Gesellenprüfung. Die HAWA beschäftigte ihn bis 1931, dann wurde er entlassen. Bis Februar 1935 blieb er arbeitslos. Zur Zeit der Vernehmungen 1936 war er Fahrstuhlführer bei der Firma Schünemann in Hannover, Ricklinger Stadtweg 24.

Seit 1922 war er Mitglied der SPD und hatte die Funktion eines Bezirkskassierers inne. Dem Reichsbanner gehörte er ohne Funktion von der Gründung 1924 bis zum Verbot 1933 an. Mit Beginn seiner Lehrzeit 1918 war er dem DMV beigetreten.

Durch die Mitgliedschaft in der SPD hatte Wilhelm Hahn Franz Nause und Heinrich Gehrke kennen gelernt. Im Frühjahr 1933 erfuhr er durch Franz Nause von der Absicht, die SPD unter Ablehnung des alten Parteivorstandes weiter zu führen. Wilhelm Hahn erklärte sich zur Mitarbeit bereit. In der Folgezeit wurde er von Heinrich Gehrke als Leiter der Abteilung I regelmäßig bis Anfang 1935 mit den Sozialistischen Blättern beliefert. Als Heinrich Gehrke eine andere Funktion innerhalb der Struktur der Sozialistischen Front übernahm, erhielt Wilhelm Hahn jun. die Leitung der Abteilung I (Oberricklingen) und belieferte jetzt seinerseits Hein Gehrke mit den Sozialistischen Blättern, die er von Heinrich Wellern abholte und bei dem er die Lesegelder abrechnete. Von Wellern erhielt er auch die Funktionärsschreiben, die bei Bedarf oder Notwendigkeit zur Information der Abteilungsleiter herausgegeben wurden.

Seit Ende 1934 hatte Wilhelm Hahn in vier- bis sechswöchigem Abstand 60 Exemplare der Sozialistischen Blätter erhalten, die er unter anderem weiter verteilte an Heinrich Wellern, Ernst Pleitner, August Hahn, Heinrich Gehrke und Rudolf Wittrock. Einzelexemplare erhielten Hugo Bestel, Richard Ladwig, Simon Sutter, Karl Ude, Luise Ilten und Therese Wittrock. Gelegentlich warf er "versehentlich" einzelne Nummern auf dem Weg zur Arbeit auf die Straße.

Dass er im Sommer 1933 gemeinsam mit Heinrich Gehrke Pistolen zu Gottlieb Wittrock gebracht haben soll, konnte das Gericht nicht nachweisen.

Am 9. September 1936 wurde Wilhelm Hahn von der Gestapo in seiner Wohnung verhaftet und zunächst ergebnislos vernommen. Seit dem 21. September in U-Haft genommen, wurde er am 28. Oktober ins Gerichtsgefängnis überstellt und zwölf Monate später, am 28. Oktober 1937, vom Oberlandesgericht Hamm unter Anerkennung der U-Haft zu vier Jahren und neun Monaten Zuchthaus und Ehrverlust verurteilt. Er verbüßte die Strafe im Zuchthaus Hameln.
Wilhelm Hahn jun., verm. 1937
Wilhelm Hahn jun., verm. 1937
© Hauptstaatsarchiv Hannover

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Reichsbanner

    Reichsbanner

    Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner, kurz Reichsbanner, war ein überparteiliches, in der Praxis von Sozialdemokraten dominiertes Bündnis in der Zeit der Weimarer Republik.

    Das Reichsbanner war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das Reichsbanner in der Verteidigung der Weimarer Republik gegen Feinde aus den nationalsozialistischen, monarchistischen und kommunistischen Lagern. Dabei verstand sich das Reichsbanner als Hüter des Erbes der demokratischen Tradition der Revolution von 1848 und der verfassungsmäßigen Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).