BiografienKarl Schinke

Karl Schinke(2. Juli 1902, Hannover)

Karl Schinke wurde am 2. Juli 1902 in Hannover geboren. Er war seit 1927 Mitglied der SPD. Als Lehrer unterrichtete er Musik an der Bürgerschule 7 am Engelbosteler Damm, einer "Weltlichen Schule". Unter seiner musikalischen Leitung entstanden verschiedene Kindertheateraufführungen, bei denen sein Kollege Walther Uhle Regie führte.

Darüber hinaus leitete Karl Schinke in Hannover fünf Männerchöre, die sich der Arbeitersängerbewegung angeschlossen hatten. Zu ihnen gehörte auch der "Volkschor". Daneben führte er Liederabende mit Texten von Erich Kästner und Kurt Tucholsky durch, mit denen er eindeutig gegen das politische Regime Stellung bezog.

Im Herbst 1933 trat er in die SA ein, aus der er 1934 wieder ausschied. Am 1. September 1933 wurde er aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" aus dem Staatsdienst entlassen mit der Begründung, dass er nicht rückhaltlos hinter dem nationalsozialistischen Staat stehen würde.

Nach seiner Entlassung verkaufte er Kaffee. Zu seinen Kunden zählten vor allem die Eltern der Schüler, die weitere, vor allem politisch zuverlässige Kunden vermittelten, die wie er vom Versagen der SPD hinsichtlich der Entstehung einer Einheitsfront enttäuscht waren. Wie Friedrich Lohmeyer nutzte auch er seine Kundenkontakte zum Herstellen und Aufrechterhalten von Verbindungen zu antifaschistischen Kreisen.

Seit August oder September 1935 belieferte ihn Bruno Cickron mit je fünf Exemplaren der "Sozialistischen Blätter", die er weiter verbreitete, unter anderem an Karl Anger, Heinrich Ahlborn und Karl Garre. Auch während seiner anschließenden Tätigkeit als Buchhalter scheint er diese Verteileraufgabe wahrgenommen zu haben.

Am 5. Oktober 1936, einen Tag nach dem erfolgreichen Konzert des Gesangvereins "Schubert" Hannover, wurde Karl Schinke von der Gestapo in Schutzhaft genommen. Ab 28. Oktober 1936 befand er sich in Untersuchungshaft. Etwas mehr als ein Jahr später, am 10. November 1937, verurteilte ihn das Oberlandesgericht Hamm wegen Vorbereitung zum Hochverrat unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zu zwei Jahren und zwei Monaten Zuchthaus. Er verbüßte seine Strafe im Zuchthaus Hameln.

Karl Schinke verstarb am 27. August 1943 in einem Lazarett in Celle.
Karl Schinke, um 1931
Karl Schinke, um 1931
© Stadtarchiv und Geschichtswerkstatt im Freizeitheim Linden in der Otto Brenner-Akademie

Konzertprogramm des Gesangvereins "Schubert" unter der Leitung von Karl Schinke, Hannover 4. Oktober 1936

© Stadtarchiv und Geschichtswerkstatt im Freizeitheim Linden in der Otto Brenner-Akademie
Konzertprogramm des Gesangvereins "Schubert" unter der Leitung von Karl Schinke, Hannover 4. Oktober 1936
© Stadtarchiv und Geschichtswerkstatt im Freizeitheim Linden in der Otto Brenner-Akademie

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).

  • Weltliche Schule

    Weltliche Schule

    Weltliche Schulen fassten nach dem Ersten Weltkrieg ursprünglich jene Schülerinnen und Schüler zusammen, die vom Religionsunterricht abgemeldet waren. Dahinter stand eine pädagogische Revolution, denn das Konzept der bis dahin dominanten kaiserlichen und somit autokratischen Schule wurde nun durch eine zeitgemäße, demokratische Erziehungsrichtung ersetzt.
    Weltliche Schulen hatten eine kurze Lebensdauer. Nach Erlass des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ am 7. April 1933, das den neuen Machthabern erlaubte, jüdische und politisch missliebige Beamte aus dem Dienst zu entfernen, wurden die Lehrer verhaftet, entlassen oder versetzt, und die Schüler auf andere Schulen verteilt.