BiografienFritz Wulfert

Fritz Wulfert(3. Oktober 1912, Hauröden)

Fritz Wulfert erlernte den Beruf des Werkzeugschlossers. Im Herbst 1932 legte er zusätzlich an der Maschinenbauschule Hannover die Zwischenprüfung zum Techniker ab. Nach eineinhalbjähriger Arbeitslosigkeit erhielt er eine Anstellung im Institut für Werkzeugmaschinen an der Technischen Hochschule in Hannover, wurde jedoch nach neun Monaten wieder entlassen. Zwischen März und Oktober 1934 gehörte er dem Arbeitsdienst an, der zu dieser Zeit noch freiwillig geleistet werden konnte. Seit November 1934 arbeitete er im Eisenwerk Wülfel, im Frühjahr 1935 wurde er in die neu eingerichtete Maschinenfabrik Niedersachsen – ein Rüstungsbetrieb zur Herstellung von Panzerabwehrraketen –, nach Laatzen versetzt.

Seit 1928 war Fritz Wulfert Mitglied des DMV, der SAJ und des Reichsbanners. In letzterem bekleidete er die Position eines Jugendleiters und war er einer der fünf Abteilungsleiter, die 1932 in Hannover-Linden einen schweren Zusammenstoß mit der SA hatten. Anschließend wurde er wegen Landfriedensbruchs zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Dieser Umstand führte nach 1933 dazu, dass ihm die Maschinenbauschule „wegen politischer Unzuverlässigkeit“ den Zutritt verweigerte.

Er war zudem Mitglied des Arbeiter-Turnvereins Hannover-Linden, der Freidenker-Jugend und trat 1932 der SPD bei.

Auf Empfehlung Arno Scholz’, „Volkswille“-Redakteur und Leiter des Jungbanners, nahm Fritz Wulfert 1932 an den Zusammenkünften im Gewerkschaftshaus zur Vorbereitung auf Illegalität unter Leitung Werner Blumenbergs teil.

Karl Hilke, Hugo Bestel und Fritz Wulfert als ehemalige Abteilungsleiter des 1933 aufgelösten Jungbanners trafen sich häufig, um tagespolitische Fragen zu besprechen. Fritz Wulfert gehörte auch zu denjenigen, die unter der Leitung Walter Spengemanns zur Sozialistischen Front übertraten.

Im April/Mai 1934 wurde er von der SA nach einer unangemeldeten Reichsbannerversammlung in deren Sturmlokal verschleppt und dort misshandelt.

Fritz Wulfert bezog die Sozialistischen Blätter durch Willy Wendt, später durch Wilhelm Bluhm, und gab sie an Unterverteiler und Einzelpersonen weiter, darunter Albert Sandmann und Hermann Ramin, die er jedoch während des Prozesses namentlich nicht preisgab.

Am 14. September 1936 wurde Fritz Wulfert an seinem Arbeitsplatz in Laatzen verhaftet, mehrere Tage im Gestapogefängnis Schlägerstraße vernommen, bevor man ihn am 18. Oktober 1936 ins Gerichtsgefängnis Hannover überstellte. Zwölf Monate später, am 28. Oktober 1937, verurteilte ihn das Oberlandesgericht Hamm unter Anerkennung der U-Haft zu zwei Jahren Gefängnis. Das verbliebene Strafmaß verbüßte er in der Strafanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel und im Lager Neu-Sustrum, das zu den Moorlagern bei Papenburg gehörte.
Fritz Wulfert, Mitte der dreißiger Jahre
Fritz Wulfert, Mitte der dreißiger Jahre
© Projekt Widerstand, Historisches Seminar der Leibniz Universität Hannover

"Aber wenn da von mir so 100 Exemplare rausgegeben wurden, dann b ... mehr

"Aber wenn da von mir so 100 Exemplare rausgegeben wurden, dann bin ich hundertprozentig davon überzeugt, dass alle hundert an den Mann kamen. Da war nichts in den Papierkorb gewandert."
Quelle: Fritz Wulfert im Gespräch mit Michael Bayartz und Susanne Döscher-Gebauer, 1987

Glossar

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Reichsbanner

    Reichsbanner

    Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner, kurz Reichsbanner, war ein überparteiliches, in der Praxis von Sozialdemokraten dominiertes Bündnis in der Zeit der Weimarer Republik.

    Das Reichsbanner war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das Reichsbanner in der Verteidigung der Weimarer Republik gegen Feinde aus den nationalsozialistischen, monarchistischen und kommunistischen Lagern. Dabei verstand sich das Reichsbanner als Hüter des Erbes der demokratischen Tradition der Revolution von 1848 und der verfassungsmäßigen Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold.

  • SAJ

    SAJ

    Die Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ) war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der sozialdemokratischen Parteien in Deutschland und Österreich. Sie wurde am 29. Oktober 1922 nach dem Zusammenschluss von SPD und USPD aus deren Jugendverbänden gegründet.

    Am 22. Juni 1933 erging das Verbot der SPD und aller ihrer Nebenorganisationen, somit auch der SAJ, die zu diesem Zeitpunkt noch rund 50 000 Mitglieder zählte. Im Ausland bildeten sich Exilgruppen ehemaliger SAJ-Mitglieder und SJVD-Mitglieder, wo man sich teilweise – wie in Prag und Paris – mit Vertretern der ehemaligen Kommunistischen Jugend zusammenschloß. 

    Nach 1945 vereinigten sich Aktivisten der SAJ mit denen der „Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde“ (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ (SJD – Die Falken), die sich als Kinder-, Jugend- und Erzieherverband versteht.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).