BiografienErnst Kellner

Ernst Kellner(23. März 1892, Hannover)

Ernst Kellner erlernte das Schlosserhandwerk. Im Herbst 1912 trat er als Freiwilliger in das 1. Hannoversche Infanterie-Regiment 74 ein und rückte mit Beginn der Mobilmachung 1914 als aktiver Unteroffizier ins Feld. Als solcher wurde er Ende 1918 wieder entlassen. Zunächst als Schlosser bei der Körting AG tätig, wechselt er zur Hanomag und wurde schließlich bei den Prometheus-Werken Schlossermeister.

Von 1911 bis zur Auflösung 1933 war er Mitglied der SPD und Abteilungsleiter in Hannover-Badenstedt. Gewerkschaftlich war er seit 1910 bis zum Verbot 1933 im DMV organisiert.

Mitte 1935 suchte Franz Nause den ihm durch die Arbeit in der SPD bekannten Ernst Kellner auf und erwähnte, dass die SPD noch am Leben sei. Gefragt, ob er ehemalige Genossen aufsuchen würde, um diese mit illegalen Flugblättern zu beliefern, sagte er zu. Zu einem bisher nicht bekannten Zeitpunkt wurde Ernst Kellner Leiter der Abteilung XI und monatlich mit 25 bis 35 Exemplaren der Sozialistischen Blätter beliefert, die ihm Nause bis zu seiner Inhaftierung persönlich brachte. Ernst Kellner verteilte sie unter anderem weiter an Walter Wolf, Georg König, Friedrich Blume, Franz Wesemann und Heinrich Fröhlich, die er selbst geworben hatte. Als Leiter der Abteilung XI erhielt er sicher auch die Funktionärsschriften.

Am 16. September 1936 wurde Ernst Kellner in Schutzhaft genommen. Seit dem 8. Dezember 1936 befand er sich in U-Haft im Gerichtsgefängnis Hannover; am 15. Dezember 1937 wurde er vom Oberlandesgericht Hamm unter Anerkennung der U-Haft zu einer Zuchthausstrafe von vier Jahren und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Er verbüßte seine Strafe im Zuchthaus Hameln.
Ernst Kellner

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).