BiografienPeter Schneider

Peter Schneider(10. Mai 1909, Hannover)

Peter Schneider erlernte den Schlosserberuf und blieb nach der Gesellenprüfung 1927 zwei weitere Jahre in seiner Lehrfirma. Anschließend arbeitslos, übte er dann verschiedene Tätigkeiten aus: Arbeiter bei der Continental, Heizungsmonteur in einer Keksfabrik und Mitarbeiter der Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstatt der Reichspost. Letztere entließ ihn im Februar 1933, angeblich wegen seiner SPD-Mitgliedschaft. Nach zweijähriger Erwerbslosigkeit erhielt er 1935 für einige Monate Arbeit in den Edelstahlwerken in Hannover, die er aus Gesundheitsgründen bald wieder aufgeben musste. Ab Mai 1935 war er Betriebsarbeiter beim Bahnhofspostamt.

Schon während seiner Ausbildung war er Lehrlingsobmann beim DMV. Der SAJ trat er 1923 bei, später der SPD. Seit 1925 war er Mitglied des Reichsbanners und hier zuletzt im Nachrichtenzug des Jungbanners aktiv, dessen Leiter Walter Spengemann war. Er war auch dessen "Adjutant", als Spengemann im April 1933 Leiter des Jungbanners wurde. Er wurde Verbindungsmann zu den Jungbanner-Abteilungsleitern Hugo Bestel, Karl Hilke und Fritz Wulfert und auch zum Schufo-Führer Bernhard Furch, dem sich Walter Spengemann mit seinem "illegalen" Jungbanner im August 1933 formal unterstellte.

Als Funklehrer gab Peter Schneider für die Mitglieder der Nachrichtenzüge des "illegalen" Jungbanners und der Schufo Morseunterricht. Unter seinen Schülern befanden sich Mädchen wie Ilse Steinitz, die Verlobte Spengemanns, Hildegard Schöneberg und Brunhilde Schmedes.

Zu Beginn des Jahres 1934 gaben verschiedene Mitglieder ihre illegale Tätigkeit im Jungbanner auf und schlossen sich der Sozialistischen Front an, unter ihnen Peter Schneider und Walter Spengemann. Letzterer wird von Werner Blumenberg beauftragt, den Versand der Sozialistischen Blätter nach außerhalb in die Hände zu nehmen. Für die praktische Umsetzung sorgten Peter Schneider selbst als auch sein fünf Jahre jüngerer Bruder Ludwig, der ebenfalls bei der Bahnpost tätig war.

Peter Schneider erhielt etwa sechsmal 100 bis 150 Exemplare der Sozialistischen Blätter zunächst von Willy Wendt, später durch Auguste Breitzke, die er seit Ende 1935 gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig in dessen Wohnung zum Versand vorbereitete. Übrig gebliebene Exemplare der Flugschriften gab er an Unterverteiler wie Karl Hilke und Heinrich Dettmer weiter. Ein Teil der Drucksachen warf er zeitweilig in der Innenstadt Hannovers in die Briefkästen. Wichtig war vor allem, dass Hannover als Absendeort unerkannt blieb.

Als sich im März 1936 die Polizei auf der Arbeitsstelle Peter Schneiders nach ihm erkundigt, flüchtete er, nach Absprache mit Walter Spengemann, nach Holland. Er gab ihm die Anschrift von Jan Krysma, eines Verbindungsmannes des Flüchtlingskomitees in Amsterdam, der des öfteren ein Exemplar der Sozialistischen Blätter zugesandt bekam. Peter Schneider fuhr noch am gleichen Tag nach Bad Oeynhausen. Von hier brachte ihn Hermann Spieske mit dem Motorrad bei Aachen an die holländische Grenze.

Werner Blumenberg, der dies für einen übereilten und unnötigen Schritt hält, machte Spengemann deswegen Vorwürfe. In Verbindung mit weiteren Streitpunkten führte dies zum Zerwürfnis zwischen beiden und zu Spengemanns Abkehr von der Sozialistischen Front.

Da Peter Schneider im Januar 1937 in Amsterdam noch immer ohne feste Arbeit war, fuhr er nach Paris und meldet sich im Gewerkschaftshaus. Hier wurde ihm geraten, sich für das im Bürgerkrieg befindliche Spanien anwerben zu lassen, denn als Ausländer in Frankreich würde er nicht in die Gewerkschaft aufgenommen, wodurch ihm auch keine Arbeit vermittelt werden könnte.

In Spanien angekommen wurde er bald aus gesundheitlichen Gründen für dienstuntauglich erklärt. Kurzzeitig wurde er als Mitglied der Kulturkommission mit der Aufgabe betraut, Lazarette mit Lesestoff und sonstigem Unterhaltungsmaterial zu versorgen. Im Juli 1937 kehrte er auf eigenen Wunsch über Frankreich und Belgien nach Holland zurück. Zunächst noch als Hausmeister tätig, war er ab 1939 wegen abgelaufener Arbeitserlaubnis erwerbslos.

Am 26. Oktober 1940 wurde er in Amsterdam verhaftet, und schon zwei Tage später befand er sich im Gerichtsgefängnis Hannover. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte ihn am 17. März 1941 wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens unter Anerkennung von vier Monaten U-Haft zu fünf Jahren Zuchthaus, die er in Hameln verbrachte.
Peter Schneider

Glossar

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • "Illegales" Jungbanner

    "Illegales" Jungbanner

    Am 14. Juli 1933 wurde das "Gesetz gegen die Neubildung von Parteien" erlassen, mit dem alle Parteien, ausgenommen die NSDAP, verboten wurden. Drei Jugendführer des hannoverschen Jungbanners - Hugo Bestel, Karl Hilke und Fritz Wulfert - beschlossen gemeinsam mit dem Schriftsteller und Politischen Leiter des Jungbanners Walter Spengemann, den Zusammenhalt der ihnen unterstellten Mitglieder aufrecht zu erhalten. Angesprochen wurden nur vertrauenswürdige Mitglieder aus Kameradschaften und Abteilungen. Trafen sie sie auf der Straße, wurden politische Tagesfragen erörtert, Beiträge wurden nicht kassiert. Die Abteilungsleiter trafen häufig mit Spengemann in einem Lokal zusammen.

    Spengemann zog auch Angehörige der Sozialistischen Schülergemeinschaft hinzu, die er bis April 1933 geleitet hatte.

    Diese Jungbannergruppe um Spengemann hatte Kontakte zum Schufo-Führer in Hannover, Bernhard Furch, dem sich Walter Spengemann mit seinem „illegalen“ Jungbanner, wenn auch nur formal, unterstellte.

  • Reichsbanner

    Reichsbanner

    Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner, kurz Reichsbanner, war ein überparteiliches, in der Praxis von Sozialdemokraten dominiertes Bündnis in der Zeit der Weimarer Republik.

    Das Reichsbanner war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das Reichsbanner in der Verteidigung der Weimarer Republik gegen Feinde aus den nationalsozialistischen, monarchistischen und kommunistischen Lagern. Dabei verstand sich das Reichsbanner als Hüter des Erbes der demokratischen Tradition der Revolution von 1848 und der verfassungsmäßigen Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold.

  • SAJ

    SAJ

    Die Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ) war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der sozialdemokratischen Parteien in Deutschland und Österreich. Sie wurde am 29. Oktober 1922 nach dem Zusammenschluss von SPD und USPD aus deren Jugendverbänden gegründet.

    Am 22. Juni 1933 erging das Verbot der SPD und aller ihrer Nebenorganisationen, somit auch der SAJ, die zu diesem Zeitpunkt noch rund 50 000 Mitglieder zählte. Im Ausland bildeten sich Exilgruppen ehemaliger SAJ-Mitglieder und SJVD-Mitglieder, wo man sich teilweise – wie in Prag und Paris – mit Vertretern der ehemaligen Kommunistischen Jugend zusammenschloß. 

    Nach 1945 vereinigten sich Aktivisten der SAJ mit denen der „Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde“ (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ (SJD – Die Falken), die sich als Kinder-, Jugend- und Erzieherverband versteht.

  • Schufo

    Schufo

    Nachdem die NSDAP bei der Reichstagswahl 1930 erhebliche Wahlerfolge verbuchen konnte, versuchte das Reichsbanner im September dem verstärkten Straßenterror der SA-Einheiten durch eine Umstrukturierung der technischen Ebene entgegenzutreten. Die aktiven Mitglieder wurden in Stammformationen (Stafo) und die paramilitärischen Eliteeinheiten Schutzformationen (Schufo) aufgeteilt. Daneben gab es weiterhin die Einheiten des Jungbanners.