BiografienAuguste Breitzke

Auguste Breitzke(21. März 1908, Badenstedt)

Auguste (Gustchen) Breitzke kam aus einer sozialdemokratisch geprägten Familie. Früh verlor die Familie den Ehemann und Vater, daher musste sie bereits als Kind für die Familie mitverdienen. Nach dem Besuch der Volksschule in Hannover war sie von 1922 bis 1926 in der Landwirtschaft als Hausmädchen tätig. Im Jahre 1926 trat sie in die SPD ein und wird Funktionärin. Gleichzeitig organisierte sie sich seit 1927 gewerkschaftlich im DMV, 1930 tritt sie zum FAV über.

Zwischen 1929 und 1931 war sie in der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde (Rote Falken) tätig, seit 1931 als Mitglied des Bezirksvorstandes Hannover. Gleichzeitig Zeit absolvierte sie für ihre Ausbildung als Fürsorgerin ein Praktikum bei der Arbeiterwohlfahrt, bis sich nach Auflösung und Verbot sämtlicher Parteien und Organisationen 1933 ihre Pläne zerschlugen und sie eine Stellung als Arbeiterin in der Knopffabrik Gompertz & Meinhardt annehmen musste.

Entscheidend für ihren weiteren Lebensweg war die Bekanntschaft mit Franz Nause, als dessen Verlobte sie seit Ende 1933 galt. Zunächst übernahm sie auf seinen Wunsch für ihn Botengänge und lieferte Pakete mit Sozialistischen Blättern aus. Als er Ende 1934 beim Herstellen derselben von einem Wohlfahrtsbeamten überrascht wurde, brachte Auguste Breitzke den Vervielfältigungsapparat in der Wohnung ihrer Mutter unter und half dann Franz Nause, der hier bis zum März 1935 mit Unterstützung Willy Wendts die Sozialistischen Blätter herstellte. Auguste Breitzke half beim Verpacken, Beschriften und Verteilen an die Abteilungsleiter, zu denen auch ihr Bruder Albert gehörte.

Nach der Verhaftung Willy Wendts am 8. März 1935 mietete Franz Nause unter falschem Namen ein Zimmer in der Wohnung der Eltern von Brunhilde Schmedes an, der ehemaligen Sekretärin Werner Blumenbergs beim „Volkswillen“, die auch die Manuskripte Blumenbergs auf Wachsmatrizen schrieb. Auguste Breitzke half auch hier beim Herstellen und Verpacken der Sozialistischen Blätter, besorgte zum Teil das Verpackungsmaterial und übernahm an Willy Wendts Stelle weitgehend allein das Austragen der Pakete sowohl an die Abteilungsleiter, darunter Wilhelm Bluhm, Bruno Cickron, Josef Milewczek, Rudolf Prochnow, als auch an Verbindungsleute wie Peter Schneider, der als Postangestellter unter der Leitung des Jungbanner-Funktionärs Walter Spengemann den Versand der Sozialistischen Blätter nach außerhalb übernommen hatte. Außerdem kassierte sie die Lesegelder und rechnete mit Franz Nause ab.

Nach Franz Nauses Festnahme am 30. Juni 1936 teilte sie dies Werner Blumenberg mit und erklärte, ihre Mitarbeit einstellen zu wollen. Doch Werner Blumenberg überzeugte sie davon, dass die Sozialistischen Blätter weiterhin erscheinen müssten, da sonst der Eindruck entstünde, mit der Festnahme Franz Nauses sei die Organisation zerschlagen worden.

Gemeinsam mit Brunhilde Schmedes, die weiterhin nach den Vorgaben Blumenbergs die Matrizen schrieb, stellen die beiden Frauen die beiden letzten Nummern in verringerter Auflage selbst her. Das Verpacken, Verteilen und Kassieren besorgte Auguste Breitzke nun allein.

Als schließlich auch in der Wohnung der Familie Schmedes eine Haussuchung stattfand, wurde es Brunhilde Schmedes zu gefährlich. Am 20. August 1936 zerschlugen die beiden Frauen den Abzugsapparat und warfen die Einzelteile ins Flüßchen Leine.

Am 15. September 1936 wurde Auguste Breitzke verhaftet und in das Gestapo-Gefängnis Schlägerstraße gebracht. Da sie zum Führungskreis der Sozialistischen Front zählte, wurde sie vor dem Volksgerichtshof in Berlin angeklagt, der sie am 23. September 1937 unter Anrechnung der U-Haft wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Strafe fiel relativ gering aus, weil der Staatsanwalt sie als das von Franz Nause "arme verführte Kind" darstellte. Die verbleibende Zeit verbüßte Auguste Breitzke im Zuchthaus Lübeck-Lauerhof.
Auguste Breitzke, um 1935
Auguste Breitzke, um 1935
© Historisches Seminar der Universität Hannover

Jungsozialisten beim Internationalen Arbeiterjugendtag in Wien, Juli 1929. Vorn rechts Auguste Breitzke

Jungsozialisten beim Internationalen Arbeiterjugendtag in Wien, Juli 1929. Vorn rechts Auguste Breitzke

Glossar

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • FAV

    FAV

    Der Verband der Fabrikarbeiter Deutschlands, auch kurz Fabrikarbeiterverband (FAV) genannt, war während der Zeit des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republikist eine sozialdemokratisch orientierte Gewerkschaft. Am 1. Juli 1890 in Hannover gegründet und bestand bis zum 2. Mai 1933. Dieser Verband ist die Vorläuferorganisation der 1946 gegründeten IG Chemie, Papier, Keramik. 

    Laut Statut nahm der Verband alle Arbeiter auf, die "kein bestimmtes Handwerk betreiben sowie alle gewerblichen Arbeiter, denen es durch die Lage der örtlichen Verhältnisse nicht ermöglicht ist, sich ihren Berufsorganisationen anzuschließen." Dies waren vornehmlich ungelernte Arbeiter der aufkommenden Industriezweige, wie etwa der Chemischen, Gummi- und papiererzeugenden Industrie, aber auch Arbeiter der Baustoff- und Nahrungsmittelindustrie, sowie Heimarbeiter und bis 1908 auch Landarbeiter. Seit August 1892 wurden auch Frauen in den Verband aufgenommen. 

    Der Verbandstag von 1904 in Hamburg beschließt die bereits zehn Jahre zuvor erwogene Einführung einer Erwerbslosenunterstützung. Bis Ende 1919 erhöht sich die Mitgliederzahl auf 602 000 Mitglieder. Der FAV ist damit die viertgrößte Gewerkschaft im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB). 

    Durch die Inflationsjahre verliert der FAV dramatisch an Mitglieder und die Hälfte seines Vermögens. Sind 1923 noch fast 523 000 Mitglieder im FAV organisiert, zählt er 1924 nur noch 325 000 Mitglieder. Im August 1926 schließen sich jedoch der "Glasarbeiterverband" und der "Porzellanarbeiterverband" dem FAV an, was dem Mitgliederschwund entgegenwirkt. 

    Im Januar 1932 ruft der FAV alle seine Mitglieder auf, sich in die "Eiserne Front" von SPD, Reichsbanner, freien Gewerkschaften und Arbeitersportverbänden gegen den aufziehenden Faschismus einzureihen und entschlossen die NSDAP zu bekämpfen. 

    Mit der endgültigen Zerschlagung der Freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933 wird auch der FAV aufgelöst. Seine Mitglieder sind nunmehr gezwungen, sich in der Deutschen Arbeitsfront zu organisieren. 

  • Kinderfreunde (Rote Falken)

    Kinderfreunde (Rote Falken)

    Bereits vor dem Ersten Weltkrieg machten sich Eltern mit sozialdemokratischer Gesinnung Gedanken über die Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Kinder. Im Jahre 1923 kam es zur Gründung der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde Deutschlands (RAG) durch den Vorstand der SPD unter Beteiligung des Zentralbildungsausschusses, der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer (AsL), der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB). Sie verstand sich als eine Zusammenfassung aller auf dem Gebiet der Kindererziehung wirkenden Arbeiterorganisationen.

    Die Roten Falken waren ein Jugendverband in deutschsprachigen Ländern. Entstanden vor etwa einhundert Jahren sollen sie den Kindern sozialistischen geprägter Familien eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung ermöglichen. Das Ziel der Kinder- und Jugendgruppen war die sinnvolle und attraktive Freizeitgestaltung durch Gruppenstunden, Ausflüge und Zeltlager. Sie wurden 1925 aus dem Gedanken heraus gegründet, dass die 12-15Jährigen in den Kinderfreundegruppen mit den Jüngeren nicht gut zusammen passten. Ein Grundgedanke war und ist es auch nach wie vor, dass Jugendliche selbst die Verantwortung für die Rote Falken Gruppe übernehmen.

    Die Roten Falken wollten den Arbeiterkindern eine Abwechslung zum Stadtalltag bieten. Die jungen Proletarierkinder sollten an die frische Luft kommen und einen Sinn fürs Leben erhalten. Die Falkenbewegung beeinflusste auch die Kinderfreundebewegung im Deutschen Reich, die Ideen und Formen in abgeänderter Form übernahm.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).