BiografienBruno Cickron

Bruno Cickron(22. August 1899, Hannover)

Während des Ersten Weltkrieges wurde der Gürtler Bruno Cickron im Juni 1917 zur Feldartillerie ins brandenburgische Jüterbog eingezogen, und im Februar 1918 zur Feldartillerie, mobile Batterie 971, versetzt. Ende Januar 1919 nach Hannover entlassen, arbeitete er zunächst bei den Prometheus-Werken AG als Bohrer, später als Werkstattschreiber. 1922 ging er zu den Hackethal-Kabelwerken, die ihn 1930 mangels Aufträgen entließen. Nach vier Jahren Arbeitslosigkeit gelang es ihm schließlich 1934, bei der Continental AG, Werk Limmer, wieder ein Einkommen als Gummiarbeiter zu finden.

Im Oktober 1929 trat Bruno Cickron der SPD bei; seit Mai 1925 gehörte er dem DMV an. Kurzzeitig wirkte er hier im Krankenkassen-Ausschuss mit.

Die mehr als vier Jahre währende Arbeitslosigkeit zwischen 1930 und 1934 nutzte Bruno Cickron, um in der Arbeiterwohlfahrt tätig zu sein. In deren Jugendgerichtshilfe übernahm er beispielsweise die Berichterstattung über die Überwachung straffällig gewordener Jugendlicher. Bei der Arbeiterwohlfahrt lernte er Friedrich Lohmeyer kennen und schätzen.

Bruno Cickron gehörte seit 1932 zum Kreis um Werner Blumenberg, der den alten SPD-Parteivorstand ablehnte, weil er nicht aktiv genug war. Kontakt mit der Sozialistischen Front erhielt er durch Willy Wendt. Über ihn bezog er anfänglich auch vier Exemplare der Sozialistischen Blätter, deren Zahl sich nach und nach erhöhte. Nach Wendts Verhaftung am 8. März 1935 erhielt er durch Franz Nause und Auguste Breitzke bis zu 30 Exemplare, die er unter anderem weiter verteilte an Friedrich Isensee und Albert Lechten. Da die Verhaftungswelle von Anfang 1935 auch eine interne Umstrukturierung nach sich zog, belieferte Bruno Cickron zunächst nur noch Albert Lechten mit inzwischen 18 bis 20 Exemplaren der Sozialistischen Blätter, die dieser wiederum an Karl Schinke und an August Schröder aus Hildesheim weitergab. Die kassierten Lesegelder erhielt Franz Nause.

Außer den Sozialistischen Blättern erhielt Bruno Cickron als Leiter der Abteilung VI, nach eigener Aussage, die Funktionärsschriften.

Am 24. Juni 1936 wurde er durch der Gestapo verhaftet und zunächst ins Gerichtsgefängnis Hannover, am 10. Juli 1936 ins Gerichtsgefängnis Hildesheim gebracht. Am 10. November 1937 wurden gegen ihn und weitere 46 Mitglieder der Sozialistischen Front vor dem 2. Senat des Oberlandesgerichts Hamm die Urteile gefällt. Bruno Cickron verbüßte unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte eine Zuchthausstrafe von vier Jahren und neun Monaten im Zuchthaus in Hameln "wegen Vorbereitung zum Hochverrat".
Bruno Cickron, verm. 1937
Bruno Cickron, verm. 1937
© Hauptstaatsarchiv Hannover

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • DMV

    DMV

    Der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV) wurde nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes während eines vom 1. bis 6. Juni 1891 stattfindenden  allgemeinen Metallarbeiterkongresses in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Alle "in der Metallindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen" waren zum Beitritt aufgerufen. Gewerkschaftssitz war Stuttgart. 

    Mit der Gründung einer Industriegewerkschaft nahmen die Metallarbeiter eine Vorreiterrolle in der gesamten deutschen Gewerkschaftsbewegung ein. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich rasch. Schon Ende 1891 hat der DMV 23 000 Mitglieder in 180 Verwaltungsstellen. 

    Ebenso wie andere Großgewerkschaften versäumte es der DMV, seine Mitglieder nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zum Widerstand zu bewegen. Wie 1914 suchte die Verbandsführung stattdessen eine Verständigung mit dem Staat und rief sogar am 1. Mai 1933 zum von den Nationalsozialisten aufgerufenen "Tag der nationalen Arbeit" auf. Durch eine Entpolitisierung der Verbandsarbeit hofften die Leitenden vergeblich, einem Verbot entgegenzuwirken. Die Nationalsozialisten nutzten diese Apathie für ihre Machtkonsolidierung: Am 2. Mai 1933 wurde der DMV aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt. Die Mitglieder wurden in die Deutsche Arbeitsfront überführt.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).