BiografienFrieda Vahrenhorst

Frieda Vahrenhorst(27. Februar 1915, Hannover)

Frieda Vahrenhorst besuchte nach der Volksschule vier Jahre die Aufbauschule Wunstorf. Da sie hier Französisch gelernt hatte, ging sie 1932 nach Frankreich, um in Troyes zunächst bei einem Strumpffabrikaten, und später in Paris bei einem Rittmeister a. D. als Kindermädchen in Stellung zu gehen. Sie gab sie wieder auf, als im holländischen Haag lebende Verwandte ihr eine Stellung als Kindermädchen anboten. Anfang 1935 nach Deutschland zurückgekehrt war sie kurzzeitig in der Buch- und Steindruckerei Edler & Krische als Arbeiterin angestellt, wurde jedoch mangels Aufträgen bald wieder entlassen. Mit wenigen Unterbrechungen verdiente sie sich in der Folgezeit ihren Lebensunterhalt wieder mit Aufwartstellen, darunter bei dem Studienassessor Herbert Stanjek, der mit Anna Kanngießer befreundet war. Die beiden Frauen kannten sich aus der SAJ.

Die zwanzigjährige Frieda Vahrenhorst übernahm für Werner Blumenberg vermutlich seit Ende 1935 Botengänge. Sie und Peter Schneider übergaben mehrmals dem Bruder Ludwig Schneider in Drucksachen und Päckchen versandfertig gemachte Sozialistische Blätter, damit er die Briefe unkontrolliert in die Körbe mit bereits überprüfter Post warf. Nach Peter Schneiders Flucht im Februar 1936 übernahm sie seinen Teil des Auslandsversands und des Adressenschreibens. Sie brachte Heinz Wille, der das Auswerten der ausländischen Presse nach Walter Spengemanns Ausscheiden übernommen hatte, englische und französische Zeitungen und holte Werner Blumenbergs Manuskripte ab, um sie nach Ricklingen zu Brunhilde Schmedes zu bringen, die die Matrizen für die Sozialistischen Blätter schrieb, um sie anschließend abziehen zu können.

Gegen das Einbeziehen Frieda Vahrenhorsts und Anna Kanngießers in die Arbeit der Sozialistischen Front gab es von verschiedene Seiten Bedenken. Sie befürchteten, dass sie aufgrund ihrer Jugend und Unerfahrenheit im Falle einer Verhaftung alles verraten würden. Von Seiten Spengemanns scheint außerdem eine gewisse Konkurrenz zu Werner Blumenberg eine Rolle gespielt zu haben, die sich, vor allem nach der von ihm angeregten Flucht Peter Schneiders, in Kompetenzstreitigkeiten äußerte. Hinzu kam, dass er persönlich Interesse an Frieda Vahrenhorst hatte, die jedoch Werner Blumenberg vorzog.

Nachdem der erste von Walter Spengemann angestiftete Versuch von Hermann Sedat misslungen war, eine Handschriftenprobe von ihr zu erhalten, gab sich am 5. August 1936, wieder auf Anregung Spengemanns, Karl Baller als angeblicher Kriminalbeamter aus, der eine Handschriftenprobe von Frieda Vahrenhorst wollte. Diese versuchte anschließend, Blumenberg zur Flucht zu bewegen. Er jedoch hielt nichts davon, da er durch einen befreundeten Polizisten von der Unechtheit Ballers als Kripobeamter erfahren hatte. Dagegen hatte Blumenberg erfahren, dass er selbst beobachtet wurde. Als sich zusätzlich herausstellte, dass sie einen Spitzel in ihren Reihen hatten, flüchteten Werner Blumenberg und Frieda Vahrenhorst in der Nacht vom 16. zum 17. August 1936 nach Holland.
Frieda Vahrenhorst, um 1940
Frieda Vahrenhorst, um 1940
© Wera Dillo-Blumenberg

Glossar

  • SAJ

    SAJ

    Die Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ) war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der sozialdemokratischen Parteien in Deutschland und Österreich. Sie wurde am 29. Oktober 1922 nach dem Zusammenschluss von SPD und USPD aus deren Jugendverbänden gegründet.

    Am 22. Juni 1933 erging das Verbot der SPD und aller ihrer Nebenorganisationen, somit auch der SAJ, die zu diesem Zeitpunkt noch rund 50 000 Mitglieder zählte. Im Ausland bildeten sich Exilgruppen ehemaliger SAJ-Mitglieder und SJVD-Mitglieder, wo man sich teilweise – wie in Prag und Paris – mit Vertretern der ehemaligen Kommunistischen Jugend zusammenschloß. 

    Nach 1945 vereinigten sich Aktivisten der SAJ mit denen der „Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde“ (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ (SJD – Die Falken), die sich als Kinder-, Jugend- und Erzieherverband versteht.