BiografienWilly Wendt

Willy Wendt(13. Juli 1906, Linden)

Nach Beendigung der Lehre war Willy Wendt zunächst als Bürobote, später als ungelernter Arbeiter bei verschiedenen Firmen tätig.

Im Jahre 1930 trat er der SPD bei und übte hier in der letzten Zeit vor seiner Verhaftung die Funktion eines Bezirkskassierers aus.

Willy Wendt gehörte ebenfalls 1932 zum Kreis um Werner Blumenberg, in dem sich Personen zusammenfanden, nach deren Ansicht sich der SPD-Parteivorstand nicht aktiv genug mit dem Nationalsozialismus auseinander setzte. Nach der Auflösung der Parteien 1933 blieben Werner Blumenberg, Franz Nause und Willy Wendt in Kontakt und verabredeten sich zu Zusammenkünften an unterschiedlichen Orten. Hier wurde politisch diskutiert, bis der Entschluss fiel, eine illegale Zeitung herauszugeben. Die erste Auflage der noch namenlosen Blätter soll 200 Exemplare betragen haben.

Werner Blumenberg, Franz Nause und Willy Wendt waren der Kopf der Sozialistischen Front. In Wendts und Nauses Händen lagen von Anfang an das technische Umsetzen der Flugschriften und das Führen der Organisation. Beide garantierten sowohl das Erscheinen aller in den Jahren 1933 bis 1936 erschienen Ausgaben der Sozialistischen Blätter in hunderten von Exemplaren und eine unbekannte Zahl an Funktionärsschriften. Darüber hinaus vergrößerten sie unablässig den Leserkreis und strukturierten in Absprache mit Blumenberg die gesamte Organisation, bauten die Versandtätigkeit auf und kümmerten sich um den Eingang der Lesegelder, damit die nächste Flugschrift produziert werden konnte.

Willy Wendt und Franz Nause stellten gemeinsam bis zu seiner Verhaftung Anfang März 1935 alle vier bis sechs Wochen, zunächst in der Wohnung von Franz Nause, dann bei Auguste Breitzke, die Sozialistischen Blätter mit dem Abzugsapparat her und übernahmen Verteilung und Versand.

Darüber hinaus baute Willy Wendt, der auch Kontakte nach Hildesheim hatte, die Abteilung IV auf, die den Bereich Linden-Nord umfasste. Nach seiner Verhaftung übernahm Willy Bluhm seine Position.

Nach eigener Aussage erhielt Willy Wendt von jeder Ausgabe der Sozialistischen Blätter anfangs 20 bis 30 Exemplare zum Verteilen. Diese Zahl soll sich zum Zeitpunkt seiner Festnahme auf 100 Exemplare erhöht haben, die er an Unterverteiler, darunter Bernhard Furch, Wilhelm Hahn, Bruno Cickron und Heinrich Krumfuß, weitergab.

Nachdem Willy Dröhne, der zur von Bernhard Furch geleiteten Abteilung II gehörte, denunziert worden war, geriet Willy Wendt ins Fadenkreuz der Ermittler. Am 5. März 1935 wurde er durch die Polizei verhaftet und noch am gleichen Tag in gerichtliche Untersuchungshaft nach Hamm in Westfalen überführt. Am 13. Juni 1935 wurde Anklage wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens erhoben. Fünf Wochen später, am 24. Juli 1935, verurteilte ihn der Strafsenat II des Oberlandesgerichts Hamm unter Anrechnung von vier Monaten und 19 Tagen U-Haft zu fünf Jahren Zuchthaus und Ehrverlust.

Willy Wendt verbüßte die Haftzeit im Zuchthaus Celle.
Willy Wendt

Glossar

  • Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte

    Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, auch "Ehrverlust" genannt, wurde in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe und einer Zuchthausstrafe ausgesprochen. Sie bewirkte den dauernden Verlust aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Diese konnten während ihrer Dauer auch nicht erlangt werden. Ferner verlor eine Person die Möglichkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben, darunter das Recht, Vormund zu sein.

    Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte als strafrechtliche Nebenfolge abgeschafft.

  • OLG Hamm

    OLG Hamm

    Für Hochverratsprozesse war zunächst allein das Reichsgericht zuständig. Fälle geringerer Bedeutung konnten mit Wirkung vom 20. März 1933 vom Reichsgericht (ab Mai 1934 vom Volksgerichtshof) an ein Oberlandesgericht abgegeben werden.

    Bestanden in einem Land mehrere Oberlandesgerichte, konnte die Zuständigkeit auf ein einzelnes OLG konzentriert werden. Das OLG Hamm wurde daher zuständig für Hochverratsverfahren aus den Bezirken des OLG Hamm, OLG Köln und OLG Düsseldorf, ferner aus dem Bereich des OLG Celle für die Landgerichtsbezirke Aurich, Osnabrück, Verden und Hannover. Im Juni 1933 kam die Zuständigkeit für Lippe und Schaumburg-Lippe dazu.

    Von 1933 bis Anfang 1941 wurden durch das OLG Hamm mehr als 12.000 Personen wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

  • Vorbereitung zum Hochverrat

    Vorbereitung zum Hochverrat

    Um zur Absicherung der eigenen Herrschaft die noch nicht vollständig zerschlagenen Parteiapparate von KPD und SPD zu vernichten,
    wurde durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.04.1934 (sog. Verratsnovelle) die Strafbarkeit bei
    Hochverratsdelikten vorverlegt.

    Nach dem nunmehr geänderten § 83 Satz 3 Ziff. 1 StGB war auf Todesstrafe, lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen, wenn die Tat darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten oder wenn die Tat nach Ziff. 3 auf die Beeinflussung der Massen durch Herstellen oder Verbreiten von Schriften gerichtet war.

    Nach der drakonischen Rechtsprechung des OLG Hamm kam es für das Merkmal des "organisatorischen Zusammenhalts" nicht mehr auf eine Funktionärstätigkeit an, es genügte das einmalige Zahlen eines Beitrags an eine illegale Parteikasse. Bei dem Merkmal "Beeinflussung der Massen" reichte das einmalige Verteilen einer Flugschrift oder das Beziehen von Flugschriften, um die Mindeststrafe von zwei Jahren Zuchthaus zu verhängen.

    Konnte das OLG in seltenen Fällen nur den Besitz (nicht das Beziehen) einer Flugschrift nachweisen, konnte Gefängnis bis zu einem Jahr verhängt werden wegen des "Nichtablieferns" hochverräterischer Schriften bei der Polizei (gem. § 21 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 04.02.1933).