27. Flucht Werner Blumenbergs

Am 5. August 1936 gab sich Karl Baller in Absprache mit dem bereits ausgeschiedenen Walter Spengemann gegenüber Frieda Vahrenhorst als jemand aus, der als Kriminalbeamter mit der Staatspolizei in Verbindung stehen würde. Wegen der Abgeschlossenheit der aktiven Gruppen der Sozialistischen Front kannte Frieda Vahrenhorst ihn nicht. Baller untersuchte oberflächlich das von ihr bewohnte Zimmer und verlangte eine Handschriftenprobe, um herauszufinden, ob sie die nach Thüringen verschickten Briefe mit den Sozialistischen Blättern adressiert hatte, deretwegen er von der Gestapo in Haft genommen worden war. 

Frieda Vahrenhorst versuchte anschließend, Werner Blumenberg zur Flucht zu bewegen. Dieser erfuhr jedoch durch einen befreundeten Polizisten, dass es sich hierbei um keinen "echten" Kriminalbeamten gehandelt hätte. Allerdings erfuhr er, dass er selbst überwacht wurde. 

Bereits am 10. Juli 1936 waren zwei Hamburger Bezieher der Sozialistischen Blätter, Henriette Wahlen und Karl Meerwald, festgenommen und kurze Zeit später ins Gerichtsgefängnis Hamm überstellt worden. Die Gestapo zwang sie, in einem Brief an Anna Kanngießer einen "sehr verläßlichen Genossen Alexander aus Berlin" anzukündigen. Dieser wolle etwas Ähnliches wie die Sozialistische Front in Berlin aufziehen und deshalb etwas über die illegale Arbeit erfahren.

Dieser "Genosse Alexander" hatte im Juli 1936 bereits drei Tage bei Anna Kanngießer gewohnt, Werner Blumenberg und Frieda Vahrenhorst kennen gelernt, ohne dass jemand den Verdacht hegte, es könne sich hierbei um einen Spitzel handeln.

Für den 16. August 1936 kündigte sich "Genosse Alexander" wieder in Hannover an. Werner Blumenberg, der wusste, dass er unter Beobachtung stand, war misstrauisch und beauftagte Heinz Wille, den "Genossen Alexander Kling", der angeblich in Hannover niemanden kannte, zu beobachten. Als sich Frieda Vahrenhorst und Heinz Wille im Bahnhofsgebäude trafen, weil sie Heinz Wille den ihr bekannten Alexander Kling zeigen wollte, verschwand dieser nach anfänglichem Wiedererkennen in einer Telefonzelle und stieg kurze Zeit später vor dem Bahnhof in einen Gestapowagen ein.

In der gleichen Nacht flüchteten Werner Blumenberg und Frieda Vahrenhorst nach Holland. Die Leitung der Organisation lag nun in den Händen Heinz Willes.

Werner Blumenberg versuchte kurz darauf, durch Briefkontakt Verbindung zu einzelnen Mitarbeitern herzustellen. Albert Breitzke suchte ihn deswegen in Holland auf und bat ihn, niemandem mehr zu schreiben, damit er nicht bisher Unbelastete in die seit dem 17. August 1936 rollende Verhaftungswelle hineinzog. 

Diese Welle erfasste in den folgenden Monaten mehrere hundert Personen.